Zero Waste News: Medizinische Einwegmasken im Alltag: Nachhaltige Lösungen suchen
Medizinische Schutzmasken: Ende 2019 passierte es noch eher selten, dass man Menschen damit öffentlich sichtete. Inzwischen gehören sie zum Alltag der Wegwerfgesellschaft. Einerseits schützen Masken vor einer Ansteckung mit dem Erreger SARS-CoV-2, wenn Menschen sich begegnen oder sogenannte systemrelevante Aufgaben am Laufen halten. Andererseits gefährden sie die Gesundheit des Planeten, seitdem sie nicht nur in Kliniken und Praxen, sondern fast überall zum Einsatz kommen.
Im Januar 2021 trat in Deutschland die Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in Geschäften und im ÖPNV in Kraft. Mehrweg-Stoffmasken verschwanden damit weitestgehend und die Menge an OP-Masken oder FFP2-Masken* stieg nochmal drastisch an. Laut der Schweizer Meeresschutzorganisation OceanCare werden seit Beginn der Pandemie weltweit monatlich 129 Milliarden medizinische Schutzmasken hergestellt.
Die Umweltbelastung durch öffentlich getragene Masken entsteht zum einen durch falsche Entsorgung in der gelben Tonne für Verpackungsmaterialien. Dort vernichten sie schlimmstenfalls die darin vorhandenen Wertstoffe und gefährden Entsorger*innen, denn schließlich könnten sie noch kontaminiert sein. Zum anderen liegen Masken oft einfach auf der Straße rum, weil sie jemand verliert oder wegwirft. Inzwischen ist es fast unmöglich, einen Fuß vor die Tür zu setzen, ohne sofort irgendwo eine Maske zu finden. Überall verunreinigen sie Gehwege, Spielplätze, Parkanlagen, Wälder, Seen, Flüsse – und letztlich die Weltmeere.
Dass es dennoch bisher kaum eine Debatte über Vermüllung durch Corona-Einwegprodukte gibt, ärgert BUND-Berlin Mitarbeiterin Isabelle Ritter: „Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite der Erfolg für das neue EU-weite Produktionsverbot von Einwegbesteck und -geschirr aus Plastik sowie Trinkhalmen, Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäben aus Kunststoff gefeiert wird und auf der anderen Seite überall medizinische Einwegmasken rumliegen, die ja ebenso Plastik enthalten“. Die größte Sorge der Abfallexpertin gilt vor allem dem damit verbundenen Schaden in der Natur: „Die Masken sind auch eine Gefahr für Tiere wie beispielsweise Vögel“, fügt sie hinzu.
Medizinischer Einwegmüll in der Natur
Was der pandemiebedingte Plastikabfall bei Wildtieren welt-weit anrichtet, hält ein Team der niederländischen Universität in Leiden auf der Internetseite Covidlitter fest.
© Sandra Densiuk
Bereits Ende Februar 2020 berichtete die NGO OceansAsia von OP-Masken, die auf den zu Hongkong gehörenden, größtenteils unbewohnten Soko-Inseln angeschwemmt wurden. Medizinische Einwegprodukte fügen Tieren an Land und im Wasser erhebliches Leid zu:
- Vögel verheddern sich in Masken-Bändern und können sich nicht mehr befreien.
- Kleine Fische bleiben in Einweghandschuhen stecken.
- Vögel verwenden Masken nebst Plastikmüll, um Nester zu bauen.
- Masken und Handschuhe werden mit Nahrung verwechselt und wurden z.B. schon in den Bäuchen von toten Pinguinen gefunden und in den Schnäbeln von Möwen beobachtet.
Es gibt also zahlreiche gute Gründe, die Masken ordnungsgemäß im Restmüll und auf keinen Fall in der Natur zu entsorgen, sondern vielmehr nach Mehrwegoptionen zu suchen.
Nachhaltige Lösungen für Einwegmedizinprodukte in der Öffentlichkeit
Ein intaktes Gesundheitssystem sowie die Resistenz gegen Erkrankungen hängen von gesunden Ökosystemen ab.
Viele „Symptome“ von Konsum- und Wirtschaftsweise machen Mensch und Planet nicht nur krank, sondern sind vollkommen überflüssig. Wer braucht schon Erdbeeren zu Weihnachten, eine voll aufgedrehte Heizung oder jeden Tag Fleisch?
Masken sind hingegen notwendig und tragen zum Eindämmen von COVID-19 und anderen Infektionen bei. Umweltverbände bestreiten das keineswegs, fordern aber, dass Hygienevorschriften nicht zu einer Umweltbelastung führen dürfen.
COVID-19 könnte das öffentliche Leben schließlich noch lange einschränken. Daher müssen dringend nachhaltige Lösungen gefunden werden, um trotz der Pandemiebedingungen sowohl Mensch als auch Planet zu schützen.
Folgende Maßnahmen sind empfehlenswert:
- Mehrwegmasken zulassen: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät, dass nur bestimmte Personen, wie etwa Beschäftige im Gesundheitswesen oder Risikopatient*innen medizinische Masken tragen sollten. Mittlerweile gibt es zertifizierte Textilmasken, die bei korrekter Anwendung und Reinigung sowohl sicher als auch ökologisch sind. Auch FFP-2 Masken können bis zu sechs Mal wiederverwendet werden, wenn man sie auslüftet.
- Umweltauflagen für Hersteller: Wer Alltagsmasken in Umlauf bringt und damit Geld verdient, sollte nur bestimmte Materialien verwenden dürfen – die biologisch abbaubar, wiederverwendbar oder recyclingfähig sind.
- Umweltbildung in der Öffentlichkeit: Fast an jeder Ladentür hängen Hinweise, wie Masken zu tragen sind. Auch die korrekte Entsorgung sollte entsprechende öffentliche Präsenz bekommen.
Die hohe Zahl an Masken in der Öffentlichkeit lässt indes nur ahnen, vor welcher Herausforderung Kliniken täglich unlängst stehen, wenn sie einerseits Ressourcen sparen wollen und andererseits Hygienevorschriften beachten müssen.
Nachhaltige Lösungen für Einwegmüll in Kliniken
Immer mehr Kliniken versorgen Patient*innen und engagieren sich gleichzeitig für die Gesundheit des Planeten. Das beweist auch die rege Teilnahme am BUND-Projekt KLIK green, das ein Netzwerk von 250 deutschen Krankenhäusern und Reha-Kliniken bei der Umsetzung von Klimaschutz begleitet.
Derzeit realisieren oder planen die KLIK green Einrichtungen 45 Maßnahmen im Bereich Abfall, die jährlich rund 400 Tonnen CO2äq vermeiden. Einige Ideen zielen darauf ab, den CO2-Abdruck von medizinischem Einwegmüll zu reduzieren.
So verbessern manche Kliniken ihre Mülltrennung im OP, um zum Beispiel saubere Umverpackungen von Wundauflagen in einem gelben Sack zu sammeln. OP-Besteck muss zwar aus hygienischer Sicht mehrfach verpackt sein. Allerdings beschäftigen sich einige Kliniken aus dem Projekt KLIK green damit, OP-Besteck aus Edelstahl wiederverwendbar zu machen.
Sogar in sensiblen Bereichen wie auf der Intensivstation oder in der Notaufnahme suchen Kliniken nach ökologischen Lösungen. „Dass wir Leben retten, rechtfertigt keine Klimasünde!“, findet Klimamanagerin Dr. Anne Hübner (links im Bild). Sie erinnert sich noch an ganz andere Zeiten: „Ich habe vor 23 Jahren als Krankenschwester angefangen. Damals haben wir die Sachen noch gesäubert, sterilisiert und wiederverwendet.“ Daher setzt sich die Anästhesistin und Intensivmedizinerin heute im Rahmen von KLIK green dafür ein, dass deutlich weniger medizinische Einwegprodukte die Gesundheit des Planeten belasten.
Hintergrund
*Nicht alle Masken sind Medizinprodukte. FFP2-Masken dienen überwiegend als Atemschutzmasken, um im Bereich Handwerk Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Sie fallen in die Produktgruppe „Persönliche Schutzausrüstung“ und gelten im Vergleich zu den medizinischen Gesichtsmasken als sicherer. In Kliniken und Praxen trägt das Personal OP-Masken in Bereichen mit erhöhtem Infektionsrisiko. Sowohl FFP2-Masken als auch OP-Masken werden aus besonders filternden Vliesen hergestellt und sind als Einwegprodukte vorgesehen. Sie enthalten teilweise Plastik und verrotten daher nicht. Da sie darüber hinaus auch nicht recycelbar sind, gehören die Masken aber nicht in den gelben Sack, sondern in den Restmüll.