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Schwaene Pixabay

Moment mal! Kann es sein, dass es der Wirtschaft immer noch nicht gelungen ist, den Valentinstag als Tag des Konsumterrors und der Rabattschlacht zu vereinnahmen? Es sieht ganz danach aus, denn statt Blumen, Schmuck und Parfüm wollen die meisten Menschen ihre Geliebten nur mit gemeinsamer Zeit beglücken. Das sollte gefeiert werden.

Eine Kurzrecherche kurz vor dem Valentinstag am 14. Februar zeigt: Nur ein bekannter Kosmetikriese bietet eine „20 Prozent Rabatt auf alles!“-Aktion an. Bei den Platzhirschen auf dem Elektronikmarkt gehen die Geschenkvorschläge zum Tag der Liebenden beinahe unter zwischen all den anderen täglichen „Top-Deals“.

Zugegeben – anders als in angelsächsischen Ländern hat der Valentinstag in Deutschland sowieso keine allzu große Tradition. Aber hat das die Industrie bisher davon abgehalten, spezielle Konsumtage zu etablieren? Nein, schließlich „feiern“ wir inzwischen ja auch den „Black Friday“ und den „Cyber Monday“, als ob es kein Morgen gäbe. Sind die Konsument*innen beim Valentinstag widerständiger?

Ein Viertel feiert

Eine Studie im Auftrag einer Online-Partnervermittlung vom Februar 2018 spricht nicht gerade für ein besonders großes Interesse am Valentinstag. Auf die Frage „Werden Sie dieses Jahr Valentinstag feiern?“ antworteten 41 Prozent mit „nein“, 27 Prozent mit „vielleicht“ und 32 Prozent mit „ja“.[1] Nun ist eine Partnervermittlung möglicherweise etwas auf Beziehungsfragen fixiert und daher nicht die unabhängigste Institution in dieser Frage. Einer anderen repräsentativen Umfrage von 2018 zufolge messen die Bundesbürger*innen dem „Tag der Liebe“ etwas weniger Bedeutung zu:

54 Prozent der Befragten stimmen der Aussage „Man braucht keinen bestimmten Tag um sich zu zeigen, dass man sich liebt“ zu. Für 31 Prozent ist der Valentinstag „rein kommerziell und hat nichts mit Liebe zu tun“ und für 29 Prozent schlicht „überbewertet“. Auf der Gegenseite stimmen 26 Prozent der Aussage „Valentinstag ist der Tag der Liebe“ und 19 Prozent dem Statement, den Valentinstag mit dem/der Liebsten verbringen zu wollen, zu (Mehrfachnennungen möglich).[2]

Freitag könnte es in den Restaurants voll werden

Aber wie begeht dieses Viertel nun den Valentinstag? In einer Statista-Umfrage vom Januar 2019 liegt auf Platz eins der als passend erachteten Valentinstagsgeschenke die Einladung zu einem romantischen Abendessen, gefolgt von Blumen auf Platz zwei, einem persönlichen Brief auf Platz drei, etwas Selbstgemachtem auf Platz vier und einem Gutschein für eine gemeinsame Aktivität auf Platz fünf.[3] In eine ähnliche Richtung weist eine aktuelle repräsentative Umfrage des Instituts für Handelsforschung, wonach 17 Prozent der Verbraucher*innen zum Valentinstag 2020 gezielte Einkäufe planen und dabei in erster Linie Blumen kaufen wollen.[4]

Haben die jahrzehntelangen Marketingbemühungen der Floristikindustrie also gewirkt? Ja, aber in überschaubaren Größenordnungen. Im ganzen Jahr 2017 wurden in Deutschland nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung 1,9 Milliarden Euro für Schnittblumen ausgegeben, das macht durchschnittlich rund 36 Millionen Euro pro Woche. In der Valentinswoche 2017 betrug der Umsatz 58 Millionen Euro.[5]

Die Wirtschaft ist jetzt in Singles verliebt

Als Herzchenvariante des Black Friday konnte die Wirtschaft den Valentinstag also nicht etablieren. Entwarnung kann dennoch nicht gegeben werden, denn sie hat bereits einen anderen Tag entdeckt, der sich offensichtlich besser als der Valentinstag vermarkten lässt: der „Singles' Day“ am 11. November. Ursprünglich in den 1990er-Jahren von chinesischen Studierenden als eine Art Junggesellen-Tag gefeiert, entwickelte sich der Singles' Day rasant zu einem rauschhaften Einkaufsevent. Der Wert aller am Singles' Day 2019 binnen 24 Stunden auf der chinesischen Handelsplattform Alibaba verkauften Waren betrug 38,4 Milliarden US-Dollar.

Damit hat der chinesische Internethändler nicht nur sein eigenes Vorjahresergebnis um fast acht Milliarden Dollar überboten, sondern zog auch an der amerikanischen Konkurrenz vorbei: Der eCommerce-Umsatz betrug am Thanksgiving-Wochenende 2018[6] in den USA „nur“ 14,2 Milliarden US-Dollar.[7] Von diesem neuen Konsumkuchen möchten selbstverständlich auch deutsche Unternehmen etwas abbekommen: Im Jahr 2019 haben bereits über 50 Unternehmen am Singles' Day mit speziellen Angeboten und Rabatten geworben – Tendenz steigend.[8]

Der Valentinstag kann gern so bleiben

Im Vergleich zu diesen Zahlen wirken der Valentinstag und vor allem die oben zitierten Einstellungen zum Valentinstag fast schon konsumkritisch. Deshalb rufen wir dazu auf: Kauft weiterhin einfach nichts am Valentinstag (und falls ihr doch unbedingt Blumen verschenken wollt: nehmt nicht die giftigen! Gerade die im Winter erhältlichen Rosen weisen häufig Pestizidrückstände auf und haben zudem eine lange Flugreise aus Ostafrika hinter sich[9])! Sondern bekocht die Menschen, die ihr mögt und liebt, mit einem guten Essen, schickt ihnen selbstgemachte Karten, schreibt ihnen Briefe, verbringt Zeit mit ihnen!

Das Schlusswort aber gebührt heute Greta Thunberg: „Make sure not to spend Valentine’s Day alone! Join the #schoolstrike4climate in Stockholm (and hundreds of other places around the world) on Friday“.[10]

Also, liebe Berliner*innen: 12 Uhr im Invalidenpark![11]

Foto: Markus Baumeler auf pixabay



[6] inklusive Thanksgiving, Black Friday und Cyber Monday