Zero Waste Blog: Grün gewaschenes Plastik (Teil 1)

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Statt aus Erdöl lassen sich Kunststoffe auch aus pflanzlichen Stoffen herstellen. Doch der massenhafte Anbau von Mais, Zuckerrohr und Kartoffeln schafft gewaltige neue Probleme.

Wenn Pepsi, Danone und Nestlé die Entwicklung von „umweltfreundlichen Wasserflaschen“ ankündigen,[1] dann horchen wir erst einmal auf. Wollen die Wasser- und Süße-Plörre-Multis, die zusammen einen so großen Teil des Plastikmülls an Land und im Meer produzieren, etwa den Mehrweganteil bei den Getränkebehältern erhöhen? Schön wär’s. Stattdessen werben sie für Flaschen aus Materialien, die sie – und viele andere[2] – irreführend „Bio-Plastik“ nennen. Unter diesem Begriff, der nicht zufällig an Bio-Produkte aus ökologischer Landwirtschaft erinnert, versteht man zwei sehr unterschiedliche Dinge. Erstens bio-abbaubare Kunststoffe, also Plastik, das biologisch abbaubar ist. Beziehungsweise sein soll, denn so richtig funktioniert das in der Praxis nicht. Zu diesen Kunststoffen kommen wir in einem späteren Blogbeitrag. Zweitens bio-basierte Kunststoffe, die in industriellen Prozessen aus landwirtschaftlichen Rohstoffen wie Zuckerrohr, Mais und Kartoffeln gewonnen werden. Um die geht es hier.

Bio-basierte Kunststoffe bedeutet manchmal, aber nicht immer, dass sie vollständig aus pflanzlichen Stoffen bestehen. Je nach Produkt beträgt ihr Anteil in Polyethylen (PET) oder Polyester (PE) zwischen 20 und 100 Prozent.[3] Prinzipiell können bio-basierte Kunststoffe nicht nur mit aus Erdöl gewonnen Kunststoffen, sondern auch mit recycelten Materialien gemischt werden. Der ökologische Vorteil, den sie theoretisch haben könnten, liegt auf der Hand: Wenn Plastik tatsächlich komplett aus pflanzlichen Stoffen produziert wird, so gelangt bei seiner Verbrennung nur so viel CO2 in die Atmosphäre, wie die Pflanzen zuvor beim Wachsen gespeichert haben. Dementsprechend bescheinigt eine ifeu-Studie den bio-basierten Kunststoffen eine tendenziell bessere Klimabilanz als den aus Erdöl gewonnenen Kunststoffen. Aber nur tendenziell, denn erstens ist es nur in seltenen Fällen möglich, Plastik aus ausschließlich auf pflanzlicher Basis herzustellen. Und zweitens fließen immer gewisse „Nebenkosten“ in die Klimabilanz ein, nämlich der Energieeinsatz bei Anbau, Ernte, Transport und Verarbeitung der Pflanzen.

Agrarwüsten für Plastikverpackungen

Berücksichtigt man neben dem CO2-Ausstoß weitere Umweltaspekte, so wird die Bilanz der bio-basierten Kunststoffe deutlich schlechter, auch das stellt die genannte Studie fest. Der Düngemitteleinsatz belastet die Gewässer und die Böden versauern. Und egal ob die Pflanzen zu sogenannten Bio-Kraftstoffen oder eben zu Plastik verarbeitet werden: In Monokulturen geht die Artenvielfalt drastisch zurück, Bienen und andere Insekten haben in Maiswüsten keine Chance.

Gegenwärtig stammen die biogenen Teile von PE und PET vor allem aus brasilianischem Zuckerrohr. Bei dessen Anbau kommen Pestizide zum Einsatz, die in der EU aus Gründen des Gesundheits- und des Bienenschutzes verboten sind.[4] Außerdem lässt Brasilien seit letztem Jahr den Anbau von gentechnisch verändertem Zuckerrohr zu. Kurz gesagt: Die Nachfrage nach bio-basierten Kunststoffen fördert eine besonders hässliche Sorte Landwirtschaft, inklusive Vertreibung von Kleinbauern und Rodung von Regenwäldern.

Der Kampf um den Acker wird härter

Derzeit beansprucht die Produktion von bio-basierten Kunststoffen 0,02 Prozent der Anbaufläche weltweit.[5] Noch ist das keine große Konkurrenz für die Lebensmittelherstellung. Allerdings liegt der Anteil der bio-basierten Kunststoffe an der gesamten Plastikproduktion auch nur bei rund einem Prozent – und die Industrie setzt darauf, diesen Anteil zu vervielfachen. Aus Herstellerperspektive ist das verständlich, schließlich werden die Erdölvorräte nicht größer. Und die bio-basierten Kunststoffe sind eine großartige Gelegenheit, Greenwashing für einen in Verruf geratenen Werkstoff zu betreiben. Für die Umwelt dagegen entsteht ein neues Problem, denn bio-basiert heißt noch lange nicht biologisch abbaubar (dazu demnächst mehr). Es gibt daher nur eine saubere Option: weniger Plastik.