Zero Waste Blog: Die Sache mit den Schokoeiern
Welche Frage aus dem riesigen Themenkomplex rund um Abfallvermeidung und Ressourcenschutz bietet sich für die Diskussion zur Osterzeit an? Kleiner Tipp: Es geht um etwas im wahren Sinne des Wortes sehr Kleinteiliges.
Eier, Hase und Ostern bilden eine Dreifaltigkeit, an der kaum zu rütteln ist, auch wenn der Osterhase erst vor relativ kurzer Zeit dazukam. Brauchtumsforscher*innen zufolge etablierte ihn das städtische protestantische Bürgertum Anfang des 19. Jahrhunderts.[1] Warum ausgerechnet die evangelische Kirche die Verbindung von Eiern, Ostern und Hasen förderte, wo ihre Schäfchen doch gar nicht vom fastenbedingten Eierverbot der Katholik*innen betroffen sind? Eben deswegen. Man konnte den Kindern schlecht mit den ökonomischen Gesetzen von Angebot und Nachfrage kommen, um ihnen die vorösterliche Eierfülle zu erklären – dann doch lieber einen tierischen Gabenbringer ins Spiel bringen.[2] Die Eier dagegen als uralte Symbole für Geburt und Neuanfang stehen schon seit dem Frühchristentum sinnbildlich für die Wiederauferstehung.[3]
Leider müssen wir an diesen Traditionen kratzen. Nichts gegen Hasen und Eier, aber in der Schokoladenvariante sind sie nicht ganz unproblematisch. Und zwar wegen ihrer Verpackung. Dass sie meist nicht einzeln, sondern in verschieden großen Plastikbeuteln und somit in doppelter Verpackung verkauft werden, ist eine Sache. Eine andere ist die Aluminiumhülle. Denn die ist nicht ohne.
Formal machen Schokoladeneiverspeisende alles richtig, wenn sie das Alu in die Gelbe Tonne werfen, schließlich handelt es sich um Verpackung aus einem wertvollen Material, das recycelt werden kann. Zumindest in der Theorie. In der Praxis jedoch knüllen geschätzte 95 Prozent das Alu in winzige Klümpchen – entweder um Platz im Mülleimer zu sparen oder einfach so. Wenn nun die Berliner Verpackungsabfälle in der Mahlsdorfer Anlage der Firma Alba[4] sortiert werden, fallen immer noch einige der künstlichen Eierschalen durch das Raster – die Alukügelchen sind oft einfach zu klein. Sie kommen dann als nichtmetallische Feinfraktion in die Müllverbrennung. Winzige Alufitzelchen richtig zu sortieren, das schafft noch nicht einmal diese vergleichsweise moderne Anlage.
Aluminium ist zu kostbar zum Wegschmeißen
Also kleine Alumengen gleich in den Restmüll? Das kann ja wohl nicht die Lösung sein. Die Aluminiumherstellung ist extrem energieaufwändig. In Island, wo mit 870.000 Tonnen jährlich fast so viel Aluminium produziert wie in den USA,[5] sind die drei Aluhütten des Landes für über 70 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich.[6] Auch die Förderung des Ausgangsstoffes Bauxit ist problematisch, wie die Zustände im westafrikanischen Guinea zeigen, wo die weltgrößten Vorkommen liegen: Bäuerliche Gemeinschaften werden enteignet, der Wasserpegel sinkt ebenso wie die Qualität des Trinkwasser, obendrein ist alles mit rotem Staub bedeckt.[7]
Sollen wir nun auf Schokoladeneier zu Ostern verzichten? Fragen wir doch einen Experten. Der ehemalige Welttorhüter Oliver Kahn ist sich sicher: „Wir brauchen Eier!“[8] Wir wiederum sind uns sicher, dass er das nicht ganz wörtlich meinte, sondern eher Disziplin, Konsequenz und Konzentration auf das Wesentliche einfordern wollte. In Sachen Schokoladeneier (und -hasen) bedeutet das: entweder auf das süße Zeug verzichten – oder sehr viele Alufitzel so lange zu einer Kugel zusammenballen, bis diese die Größe eines Fußballs erreicht hat und in der Sortieranlage garantiert nicht ausgesiebt wird. Diese Kugeln dürfen gern eiförmig sein.
[4] https://www.berliner-woche.de/mahlsdorf/c-wirtschaft/alba-trennt-in-mahlsdorf-pro-jahr-140000-tonnen-muell_a69780
[5] Das winzige Island ist der zehntgrößte Aluminiumproduzent der Welt: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37015/umfrage/produktion-von-aluminium-weltweit-nach-laendern/