Zero Waste Blog: Kosmetische Änderungen reichen nicht

Reifen Im Schnee Pixabay
Wellness- und Beautyprodukte stehen schon länger in der Kritik, weil sie oft Mikroplastik enthalten. Es ist gut, wenn wir in diesem Sektor auf Änderungen bestehen. Noch besser wäre allerdings, wenn wir zusätzlich die Quellen ins Visier nehmen, die die Umwelt noch viel stärker mit Mikroplastikpartikeln verschmutzen. Ganz vorne dabei: der Autoverkehr.

In die letzten heißen Sommertage platzte eine ungute Nachricht: Schnee ist mit Mikroplastik belastet und das auch weitab jeder Zivilisation. Forscher*innen des Alfred-Wegner-Instituts haben an 22 unterschiedlichen Orten Europas und der Arktis Schnee auf kleinste Kunststoffteile untersucht.[1] Die höchste Mikroplastikkonzentration fanden sie erwartungsgemäß in Bayern, wo Schneeproben unter anderem nahe einer Landstraße entnommen wurden.[2] Erstaunlich hohe Konzentrationen ergaben allerdings auch Proben aus Helgoland und einzelnen arktischen Eisschollen. Die restlichen Schneeproben, die in Bremen, Spitzbergen und in den Schweizer Alpen entnommen wurden, zeigen zwar niedrigere Konzentrationen, doch keine einzige Probe ist frei von Mikroplastik.[3] Die Schlussfolgerung ist so einfach wie beunruhigend: Der Wind trägt winzige Kunststoffpartikel über sehr, sehr lange Distanzen.

Woher kommt der Dreck?

Wie ganz grundsätzlich beim Plastikproblem kann also auch beim Mikroplastik die Devise nur lauten: Was sich derart unkontrollierbar in der Umwelt ausbreitet, darf nicht mehr austreten. Wir müssen die Quelle versiegen lassen. Doch woher kommt das Zeug im Detail her? Dazu hat das Frauenhofer-Institut schon vor einem Jahr ein Ranking der mengenmäßig wichtigsten Emittenten von Mikroplastikpartikeln und -fasern erstellt[4]. Wir präsentieren die Top Ten:

1.       Reifenabrieb (davon Fahrräder, Motorräder und Skateboards zusammen weniger als vier Prozent)

2.       Freisetzung bei der Abfallentsorgung

3.       Abrieb Bitumen in Asphalt

4.       Pelletverluste

5.       Verwehungen von Sport- und Spielplätzen

6.       Freisetzung auf Baustellen

7.       Abrieb von Schuhsohlen

8.       Abrieb von Kunststoffverpackungen

9.       Abrieb von Fahrbahnmarkierungen

10.   Faserabrieb bei der Textilwäsche

Dabei ist zweierlei zu berücksichtigen. Erstens beruht das Ranking auf Berechnungen anhand von Produktions- und Verbrauchsdaten, nicht auf Funden in der Umwelt. Zweitens umfasst es ausschließlich primäres Mikroplastik, das entweder gezielt hergestellt wird (Typ A) oder bei der Herstellung oder Nutzung eines Produkts entsteht (Typ B). Nicht berücksichtigt hat die Aufstellung dagegen sekundäres Mikroplastik, das durch die allmähliche Fragmentierung größerer Plastikteile in der Umwelt entsteht (also zum Beispiel der „klassische“ Plastikmüll im Meer, der langsam in immer kleinere Stücke zerfällt).

First things first

Bemerkenswerterweise gehören die wichtigsten Quellen zum Typ B. Das in der Öffentlichkeit viel diskutierte Mikroplastik in Kosmetik taucht sogar erst auf Rang 17 auf. Das heißt nicht, dass die kleinen Partikel in Peelings, Shampoos oder Sonnencreme als Problem zu vernachlässigen sind. Zumal sie äußerst vermeidbar sind, wie der BUND-Ratgeber „Mikroplastik“ zeigt.[5] Aber: Es reicht eben nicht, sich um die verhältnismäßig kleinen Probleme zu kümmern. Wir müssen an die wirklich großen Quellen der Plastikverschmutzung ran und den Autoverkehr drastisch reduzieren.

Neben den ungeklärten Fragen rund um die Batterien[6] ist der Reifenabrieb[7] nur einer von vielen Gründen, warum eine 1:1-Umstellungen vom Verbrennungsmotor auf Elektromobilität dem geschundenen Planeten keine große Hilfe ist. Ohne die Vermeidung von Wegen an erster Stelle und Verlagerung auf andere Verkehrsträger an zweiter Stelle wird es nicht gehen.

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